Editorial

4. März 2020

Die Februar-Ausgabe von „Mein Monat“ enthält vier Texte, die ein gemeinsames Oberthema haben: die politische Situation in Deutschland. Die Texte behandeln nicht so sehr den Verlauf der Auseinandersetzungen, die mit den Stichworten „Thüringen“ oder „Krise der CDU“ verbunden sind, sondern vielmehr die institutionellen Grundfragen und politischen Entscheidungsprobleme, die in Deutschland nun sichtbarer werden. 

Am Ende der Ära Merkel gerät nicht nur die CDU ins Taumeln, sondern es wird deutlich, wie wenig die Entscheidungen dieser Ära für eine nachhaltige Stabilität unseres Landes gebracht haben. Eckpfeiler unserer rechtsstaatlichen und wirtschaftlichen Ordnung wurden in den vergangenen Jahren vernachlässigt; ein Großteil der Politiker und Parteien ist nicht mehr in der Lage, diese Ordnung zu erklären und ihre Legitimität zu verteidigen. Man regiert nach Stimmungslage. 

Dabei spielt eine Fiktion eine wichtige Rolle: die „Mitte“. Diese Fiktion unterstellt einen Ort, der die Stabilität und Gerechtigkeit im Lande verkörpert. Wenn man sich an diesem Ort orientiert, ist alles auf einem guten Weg. Das wird den Realitäten immer weniger gerecht, und führt zu politischer Erstarrung und zu einer zunehmenden Bevormundung der Bürger und zur Beschwörung von Feindbildern. 

Der erste Text „Ihr seid Verfemt!“ befasst sich mit dem Feindbild „Faschist“, das seit den Thüringer Ereignissen eine wahre Inflation erfährt. Damit ist die Verfemung wieder zum Mittel der Politik geworden. Der zweite Text „Die parlamentarische Demokratie im Bann der `Mitte´“ erörtert die Folgen, die die Fixierung auf eine „Mitte“ für die parlamentarische Demokratie hat, und plädiert für die Rückkehr zu einem politischen Wettbewerb zwischen rechts und links. Der dritte Text „Dringende Entscheidungen“ skizziert einige dringende und kontroverse Grundentscheidungen, vor denen die deutsche Politik heute steht. Der vierte Text „Das Erbe des Merkelismus: Ein orientierungsloses Land“ versucht anhand einiger Zitate zu zeigen, wie wenig die Politik am Ende der Ära Merkel in der Lage ist, solche Grundentscheidungen ins Auge zu fassen.